Winnigstedter Gespräche – 2024

Winnigstedter Gespräche     Folge 16 - Januar 2024

Name: Dominique und Christian Kündiger

Alter: 48 und 53 Jahre
Beruf: Versicherungsfachwirtin / Dozent für Elektrotechnik, Mechatronik und Automatisierungstechnik
Hobbys: Wandern, lesen, Anbau von alten Gemüsesorten besonders Tomaten

1. Aus welchem Grund und wann hat es euch nach Winnigstedt gezogen?
Wir sind Anfang 2016 nach Winnigstedt gezogen. Dafür gab es mehrere Gründe. Zum einen hatte Christian eine neue Stelle in Braunschweig angetreten und da mein täglicher Arbeitsweg nach Helmstedt über ein Jahrzehnt 110 km betrug und unsere Kinder fast flügge waren, beschlossen wir endlich etwas Eigenes zu suchen. Es sollte bezahlbar, nicht all zu groß und auf alle Fälle in einem Dorf sein. Wichtig waren auch eine zentrale Lage und eine schöne Landschaft und Natur.
Ein Funfact dazu: nach dem Mauerfall sind meine Familie und ich hier in Winnigstedt im Mai 1990 das erste Mal rüber in die BRD. Unser Ziel war damals Wolfenbüttel..

2. Warum seid ihr bis heute in Winnigstedt geblieben und was macht das Leben in Winnigstedt besonders aus?
Als „Wendekinder“ mussten wir der Arbeit häufig „hinterherziehen“. Wir sind insgesamt 9-mal umgezogen. Und irgendwann möchte man doch Wurzeln schlagen und endlich ankommen. Außerdem haben wir den Elm, den Lappwald und den Harz vor der Haustür. Das erinnert uns ein bisschen an unsere Heimat, den Thüringer Wald.
Das Leben ist ruhig und uns gefällt, dass die Zeit hier langsamer zu fließen scheint. Wir lieben unseren kleinen Garten und den Baumbestand ringsum und dass damit verbundene rege Insekten- und Vogelleben. Wir sind angekommen und möchten hier unser restliches Leben verbringen.

3. Welches ist das bedeutsamste / beeindruckendste / nachhaltigste Ereignis, was ihr in Winnigstedt erlebt habt/ euch in Erinnerung geblieben ist?
Mmh, bedeutsam, beeindruckend das sind ja große Worte. Da fällt uns nicht wirklich etwas ein. Was uns aber in Erinnerung geblieben ist, als bei einem schweren Sturm ein Baum auf das frisch gedeckte Dach stürzte und die Feuerwehr unversehens wieder abzog.

4. Was gefällt euch in Winnigstedt am besten?
In der warmen Jahreszeit frühstücken wir am Wochenende auf der Terrasse – das Gezwitscher der Vögel, das Summen der Insekten und die Ruhe - das ist einfach herrlich.
Spaziergänge über den alten Bahndamm sind zu jeder Jahreszeit erholsam.
Mir gefallen noch die Gespräche über den Gartenzaun mit Nachbarn oder Spaziergängern.

5. Welcher Ort / welches Gebäude / welcher Platz hat für euch eine besondere Bedeutung / Faszination?
Na, als aller erstes unser kleines Häuschen und der Garten. Und dann natürlich die alte Bahnstrecke und das alte Bahngebäude. Als dort wieder Leben einzog, haben wir uns gefreut.
Die Bank unter der Birke bei uns in der Nähe bietet einen wirklich schönen Weitblick.

6. Wo seht ihr in Winnigstedt noch Potential?
Im Naturschutz könnte man noch einiges machen. Am alten Bahndamm gleich neben dem Insektenhotel wäre Platz für eine Blühwiese. Bei der Bepflanzung der grünen Inseln in der Hauptstraße sollte man auf Insektenfreundlichkeit achten.
Winnigstedt braucht unbedingt einen Konsum. Da gibt es in anderen Gemeinden in Deutschland gute Vorbilder, wie auch kleine Dörfer die Grundversorgung sicherstellen können. Das ist ökologisch, aber auch wichtig, gerade für ältere Mitmenschen, die nicht mehr selbst Auto fahren können.

7. Mit welchem Satz würdet ihr für Winnigstedt bei Freunden, Verwandten / Kollegen werben?
Suchst du Ruhe, dann zieh nach Winnigstedt!
Wenn unsere Freunde, Verwandten oder Kollegen noch kleine Kinder hätten, würden wir Winnigstedt empfehlen, weil es hier sogar eine Grundschule gibt. Mit richtig guter Kindergartenbetreuung am Nachmittag und mit einer Betreuung während der Schulferien (leider wissen wir das nicht) würden wir auch werben.
Die Lage von Winnigstedt ist super. Man ist schnell auf der Autobahn, egal ob Richtung Osten oder Westen.

8. Welche Veranstaltung würdet ihr gerne in Winnigstedt erleben, die ihr auch ggf. selbst bereit wärt zu organisieren?
Tja, wir glauben, dass in unseren bisherigen Antworten schon häufig anklang, dass wir eher die Ruhe lieben.
In der Vorweihnachtszeit wäre ein kleines Konzert o.ä. vielleicht in einer der Kirchen oder im Bürgerhaus schön. Wenn es dann noch Punsch/-Glühwein und weihnachtliches Gebäck gibt, das wäre was.
Ansonsten sind ein Dorffest und ein kleiner Weihnachtsmarkt oder eine Ü 30/40 Party doch sehr schön. So wirklich fehlt uns da nichts.

9. Unbeachtet finanzieller, rechtlicher, tatsächlicher oder anderer Gründe, was wünscht ihr euchdir für / in Winnigstedt?
Als erstes einen Konsum – Winnigstedt hat ja schon Winnis Eier und den freitäglichen Stand. Das sollte man auf alle Fälle einbeziehen. Vielleicht kann ein Bäcker täglich Brot und Brötchen liefern (Bäckerei Garbe hat einen Lieferservice). Eine bessere Busverbindung nach Schöppenstedt. Vielleicht ist Carsharing möglich. Auf alle Fälle bessere Radwege.
Eine Anlaufstelle direkt neben dem Konsum mit einem kleinen Café mit kleiner Bücherbörse/Bibliothek. Für Jugendliche vielleicht einen Jugendclub, in dem auch Nachhilfe angeboten wird.
Ich würde auch gern Nachhilfe in den Fächern Mathe, Physik und Chemie geben.
Alle sollen nach ihrer Fasson glücklich leben können.

10. Frage des Ortsbeauftragten:
Welche Vorschläge hättet ihr, um mehr, vor allem junge Winnigstedter für Ehrenämter zu begeistern?
Wir wissen nicht viel über die Vereine und Ehrenämter im Ort. Wir möchten niemanden zu nahe treten und wollen unsere Antwort allgemein verstanden wissen.
Zuallererst muss es Vereine und Angebote geben, die die Menschen ansprechen. Man engagiert sich doch nur, wenn man dafür brennt, wirklich Spaß hat oder wenn einem etwas besonders wichtig ist, das Angebot zu einem passt und genügend Zeit da ist.
Als Atheist bist du nicht im Kirchenverein oder als Unsportlicher nicht im Sportverein aktiv.
Ich selbst bin als Betriebsrätin auch Sprecherin des Rentenausschusses, Gewerkschaftlerin und ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht in Braunschweig. Neben einem anstrengenden Job im Rechts- und Vorstandsbereich der Avacon, dem Haus und Garten ist mir die Zeit mit meinem Mann, meinen Freunden und meinen Kindern wichtig. Da ist eine Woche doch schon gut ausgefüllt.  Außerdem bin ich zurzeit nur „zahlendes“ Mitglied im Hospizverein Wolfenbüttel. Da würde ich gern mehr machen. Das ist aber leider zeitlich einfach nicht drin.
Wir glauben, dass es absolut wichtig ist, den Jungen mehr zuzutrauen. Sie wirklich mitwirken und auch entscheiden lassen. Das soll jetzt nicht despektierlich klingen, aber wenn in einem Verein nur die „alten grauen Männer/Frauen“ entscheiden und Dinge so sind und gemacht werden, weil sie schon immer so sind bzw. so gemacht wurden, dann zieht das nicht unbedingt die Jugend an.
Auf Dorffesten oder anderen Veranstaltungen könnten sich die Vereine zeigen und ihre Arbeit den Jungen veranschaulichen. Nur so kann man das Interesse wecken. Eine andere Idee wären Arbeitsgemeinschaften, die in der Grundschule angeboten werden.

11. Frage des Bürgermeisters:
Wo seht ihr den Ort Winnigstedt in zehn Jahren?
Was hat sich verändert, welche Hoffnung hat sich erfüllt?
In Winnigstedt kann man sein Leben verbringen, egal in welchem Lebensabschnitt man sich befindet. Wichtig ist eine harmonische Mischung von jungen Familien und sagen wir mal „Älteren“, wobei die Interessen aller berücksichtigt werden.
Unsere Hoffnung ist, dass wir unseren Lebensabend bis zum Ende friedlich hier verbringen können, denn wir wollten schon immer ein Häuschen im Grünen. Schön wäre ein Konsum, ein kleines Café mit einer Bücherecke, in dem man ein warmes Mittag bekommt. So würde man verhindern, dass Menschen vereinsamen.

Das Foto zeigt uns mit unseren drei Kindern Viktoria und Hagen (25) und Kjartan (20).

Das Interview führte Martin Pape