Winnigstedter Gespräche – 2021

Winnigstedter Gespräche     Folge 12 - Mai 2021

Name: Brigitte Twelckmeyer

Alter: 31 Jahre
Beruf: Projektmanagerin Kommunikation & Marketing
Hobbys: Joggen, Wandern, Gartenarbeit, Malen

1. Aus welchem Grund und wann hat es dich nach Winnigstedt gezogen?
Meine Wurzeln liegen in Moringen nahe Göttingen. Dort schloss ich 2015 mein Studium in Agrarwissenschaften ab, während ich bei meinen Brüdern in deren Landmaschinenhandel aushalf. Danach wollte ich ursprünglich nach Mannheim ziehen, um ein Jobangebot, dass ich während eines Praktikums erhalten hatte, wahrzunehmen. Doch in Göttingen lernte ich Jacob kennen. Jacob hatte das Ziel, Landwirt zu werden und den elterlichen Betrieb in Winnigstedt zu übernehmen. So nahm ich während des Abschlusses Kontakt zu Strube in Söllingen auf und hatte sehr viel Glück. Im Marketing hatten Sie ein Angebot für mich, sodass ich direkt nach Winnigstedt zog. Jacob studierte noch ein weiteres Jahr in Göttingen.

2. Warum seid ihr bis heute in Winnigstedt geblieben und was macht das Leben in Winnigstedt besonders aus?
Die Wurzeln des Hofes von Familie Twelckmeyer sind hier in Winnigstedt. Während der Betriebsübergabe zogen wir 2018 mit unserem Sohn Franz in Jacobs Elternhaus. Das Leben hier in Winnigstedt ist für mich besonders, weil es für mich einen guten Ausgleich bietet. Auf der einen Seite bin ich ein geselliger und aktiver Mensch. Der landwirtschaftliche Betrieb von Jacob bietet mir Entfaltung, denn wir können uns hier selbst verwirklichen. Ich bin zufrieden, wenn mein Leben in Bewegung ist. Das ermöglicht uns der Hof. Aber auf der anderen Seite brauche ich einen Ausgleich und Ruhe. Das bekomme ich hier. Ich erinnere mich gern an die erste Nacht hier im Dorf zurück, in der ich so gut geschlafen habe wie lange nicht. Kein Autolärm, sondern Stille. Das lässt mich Kraft tanken.

3. Welches ist das bedeutsamste/ beeindruckendste/ nachhaltigste Ereignis, was du in Winnigstedt erlebt hast/ dir in Erinnerung geblieben ist?
Das bedeutendste Erlebnis war für mich, als ich zwei Wochen nach der Geburt von Franz mit dem Krankenwagen abgeholt werden musste. Jacob und dessen Eltern waren zu dem Zeitpunkt nicht zuhause. Im Rettungswagen durfte ich Franz nicht mitnehmen. Spontan sind Julia und Kevin Ackermann zu mir gekommen, um auf Franz aufzupassen. Diese Unterstützung berührt mich heute noch. In Winnigstedt wohnen so liebe Menschen. Familie ist für mich der wichtigste Bestandteil im Leben. Meine Eltern und Brüder mit deren Familie wohnen weit weg. Durch die Familie Twelckmeyer bekomme ich hier den Anschluss, nach dem ich mich sehne. Wir helfen einander und sind mit der Zeit zu einer starken Familie zusammengewachsen.

4. Was gefällt dir in Winnigstedt am besten?
Das Leben hier habe ich erst nach zwei Jahren zu schätzen gelernt - sozusagen die Liebe auf den zweiten Blick. Winnigstedt ist für mich Natur pur. Ich kann kilometerweit an Feldern und Baumalleen vorbeilaufen, begegne Hasen und Rehen, höre die schönsten Vogellieder. 

5. Welcher Ort/ welches Gebäude/ welcher Platz hat für dich eine besondere Bedeutung/ Faszination?
Der bedeutendste Ort in Winnigstedt ist für mich unter unserer Blutbuche im Garten. Mit ihrer Größe und ihrem Alter von 200 Jahren ist so ein imposantes Naturphänomen. Zudem wachsen im Frühjahr kunterbunte Blumen. Ringsherum um den Baum wächst Moos. Gerade Barfuß zu laufen fühlt sich toll an.

6. Wo siehst du in Winnigstedt noch Potential?
Es passiert etwas in Winnigstedt. Viele junge Familien ziehen in den Ort. Das birgt ein enormes Potenzial, dass das Dorf im Wandel steht und mehr für den Zusammenhalt getan wird. Durch Corona sind wir derzeit im Ausnahmezustand Langfristig erhoffe ich mir jedoch, dass wir als Dorfgemeinschaft mehr miteinander agieren.

Unser Selbstbedienungsladen wird ganz gut angenommen. Zukünftig wollen wir unser Produktsortiment erweitern. Bald schon könnt ihr Erdbeeren auf unserem Feld selbst pflücken. Wir erhoffen uns, dass auch die Winnigstedter dieses Angebot wahrnehmen. Und wir würden gern mehr Öffentlichkeitsarbeit auf unserem Hof betreiben, was momentan durch Corona massiv eingeschränkt wird. Aber ich bleibe optimistisch und freue mich auf die Zukunft. 

7. Mit welchem Satz würdest du für Winnigstedt bei Freunden, Verwandten/ Kollegen werben?
Die leer stehenden Gebäude preiswert zu veräußern, damit sie wieder restauriert und genutzt werden.

8. Welche Veranstaltung würdest du gerne in Winnigstedt erleben, die du auch ggf. selbst bereit wärest zu organisieren?
Ein Tag des offenen Hofes bei uns. Es gibt eine Strohburg und Aktionen für die Kinder bei schöner Musik, Bratwurst von der Feuerwehr, Kuchen vom DRK, schönen Ständen mit Kunsthandwerk zum Stöbern und Köstlichkeiten vom Whiskyhof. Ja, das wäre ein Traum.

9. Unbeachtet finanzieller, rechtlicher, tatsächlicher oder anderer Gründe, was wünschst du dir für/ in Winnigstedt?
Eine Eisdiele oder ein Café. 

Frage des Ortsbeauftragten:
Welche Vorschläge hättest du, um mehr, vor allem junge Winnigstedter für Ehrenämter zu begeistern?
Wenn der Austausch untereinander verbessert wird, denke ich auch, dass mehr junge Leute ehrenamtliche Tätigkeiten übernehmen.

Frage des Bürgermeisters:
Wo seht Ihr den Ort Winnigstedt in zehn Jahren?
Was hat sich verändert, welche Hoffnung hat sich erfüllt?
Der Zuwachs junger Familien hat stark zugenommen. Die Krippe ist fertig gestellt und wir gut angenommen. Meine persönliche Hoffnung besteht darin, dass sich unser Selbstbedienungsladen zu einem kleinen Hofladen mit regionalen Lebensmitteln vergrößern wird und von den Dorfbewohnern gut angenommen wird. 

 Das Interview führte Martin Pape